Menschenrechts-Preisträger zu Gast in Wuppertal

Dan Yirga Haile (EHRCO)

Am Mittwoch, dem 08. Juni 2022, konnte die Wuppertaler Gruppe von Amnesty International den Generalsekretär der äthiopischen Menschenrechts-Organisation EHRCO, Dan Yirga Haile, in der Citykirche begrüßen. Seine Organisation hat den diesjährigen Menschenrechtspreis von Amnesty Deutschland erhalten (https://www.amnesty.de/allgemein/kampagnen/aethiopien-amnesty-menschenrechtspreis-2022).

Das Logo von EHRCO

Dan stellt nun in mehreren Städten Deutschlands seine Organisation vor. In Wuppertal hatte Amnesty ein mehrstündiges Rahmenprogramm organisiert. Den musikalischen Rahmen gestaltete die Band “Addis Chill Sounds”, eine internationale Gruppe, die äthiopische Musikelemente gekonnt mit Jazz verbinden konnte.

Michael Klein (Bezirksteam)

Robert Michael Klein vom Bezirksteam Bergisches Land begrüßte die Gäste aus Äthiopien und die zahlreichen Zuschauer_innen. Weshalb sich die deutsche Sektion von Amnesty International in diesem Jahr für die Organisation der äthiopischen Menschenrechtskämpfer entschlossen hat und welche Bedeutung der Preis hat, erklärte danach Dr. Clara Braungart.

Mit dem Menschenrechtspreis zeichnet die deutsche Amnesty-Sektion alle zwei Jahre Persönlichkeiten und Organisationen aus, die sich unter schwierigen Bedingungen für Menschenrechte einsetzen. Ziel des Preises ist es, das Engagement dieser Menschen zu würdigen, sie zu unterstützen und zu schützen sowie ihre Arbeit in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird traditionell von der “Stiftung Menschenrechte – Förderstiftung Amnesty International” gestellt. Bisherige Preisträger waren unter anderem: Seenotrettungscrew Iuventa10 (2020); Nadeem-Zentrum für die Rehabilitierung von Opfern von Gewalt und Folter, Kairo (2018); Alice Nkom, Kamerun (2014).

Dr. Clara Braungart (Amnesty Deutschland)

Dan Yirga Haile berichtete anschließend über die bisherige Tätigkeit seiner Organisation in Äthiopien. Er ist Jurist und Menschenrechtsverteidiger und arbeitet seit 2006 für den EHRCO. Er leitet die Organisation als Geschäftsführender Direktor seit 2020. Der 38-Jährige ist als solcher nicht nur bekannt, sondern auch gefährdet, ebenso wie die übrigen Mitglieder der Organisation. “In Äthiopien kann jederzeit alles passieren”, sagt Dan. “Ein Mitglied unserer Organisation wurde auf der Straße ­regelrecht exekutiert, andere wurden verhaftet, im Gefängnis schwer gefoltert. Mir kann jederzeit dasselbe widerfahren.” Das allgegenwärtige Risiko ist in seinem Leben wie ein Grundrauschen, das ihn nicht davon abhält, zu tun, was er für nötig hält. “Unter bestimmten Umständen hat man gar keine andere Wahl, als für grundlegende Werte zu kämpfen”, sagt er. “Jemand muss sich dafür einsetzen, dass die Menschenrechte in Äthiopien künftig respektiert werden. Niemand will diesen Job machen, aber irgendjemand muss ihn übernehmen.” Dan und die übrigen Mitglieder des Äthiopischen Menschenrechtsrats haben sich dafür entschieden, “egal, wie hoch der Preis ist”. Das können Haftstrafen oder Misshandlungen sein, vielleicht auch der Verlust des Lebens. Dans Erklärung für seine Entscheidung klingt angesichts der Risiken überraschend schlicht: “Ich möchte, dass mein Heimatland für alle Menschen ein besserer Ort wird.”

Der EHRCO wurde 1991 als unabhängige, gemeinnützige und unparteiische Nichtregierungsorganisation gegründet. Er ist damit die älteste unabhängige Menschenrechtsorganisation des Landes. Der EHRCO hat es sich zum Ziel gesetzt, die Achtung der Menschenrechte, den Aufbau eines demokratischen Systems und die Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien zu fördern. Zentraler Tätigkeitsbereich sind Untersuchungen und Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien. Außerdem bietet der EHRCO Menschenrechtsbildung für zivilgesellschaftliche sowie staatliche Akteur_innen an. Opfer von Menschenrechtsverletzungen können kostenlosen Rechtsbeistand vom EHRCO erhalten, der auch als Beobachter an Prozessen teilnimmt. Zudem hat die Organisation einen Beobachterstatus bei der Afrikanischen Union. Heute beschäftigt der EHRCO 33 Angestellte, die sich gemeinsam mit Ehrenamtlichen auf aktuell acht Außenstellen und den Hauptsitz in Addis Abeba verteilen. Der EHRCO finanziert seine Arbeit neben kleinen Mitgliedsbeiträgen vor allem durch Gelder von ausländischen Projektorganisationen.

 

Lothar Leuschen (WZ Wuppertal)

Die sich daran anschließende, sehr lebhafte Diskussion moderierte der lokale Chefredakteur der Westdeutschen Zeitung Lothar Leuschen.

Dabei wurde die schwierige Lage für die Menschenrechte vor dem Hintergrund des anhaltenden innenäthiopischen Konfliktes um die Region Tigray diskutiert. Der EHRCO musste die Außenstelle in der Region Tigray schließen, die Mitarbeitenden müssen in ihren Formulierungen und Handlungen sehr genau prüfen, nicht als Regierungsgegner verstanden zu werden, weil sonst Inhaftierung und weitere Repressionen drohen. Gleichzeitig ist seine unabhängige Menschenrechtsarbeit vor dem Hintergrund des aktuellen bewaffneten Konflikts unverzichtbar. Zusammenfassend gilt aber: Der EHRCO ist die Stimme der Menschenrechte in Äthiopien.